Sonntag, 16. Januar 2011

Die als Schulbusse eingesetzten Fahrzeuge sind überwiegend ausgemusterte Linienbusse: alt, laut, schlecht isoliert, aber bequem - und sie fahren.
Bei so vielen, unverschämterweise permanent atmenden, Schülern beschlagen die Scheiben innerhalb kürzester Zeit. Die kleinen Belüftungsschlitze versuchen halbherzig, die Fenster wieder freizupusten - mit dem Erfolg, dass an der oberen Seite kleine freie Elipsen entstehen. Sonst ist die Scheibe lediglich klar zu durchblicken, wenn einer der dunstverursachenden Schüler sie mit der Hand oder - unfreiwillig - mit der Schulter putzt.
Man gewöhnt sich daran.
Die Scheiben beschlagen langsam, unauffällig, und kaum einer bemerkt, dass irgendwann das Leben draußen von einem grauen Schleier behängt und matt erschein. Konturen bleiben gleich, Menschen, Häuser, nur die Straßenschilder sind schlecht zu lesen. Die Farben sind noch blasser, als der märzliche Windertag sie eh schon hervorbringt.

Mit dem Rücken des rechten Zeigefingers treibe ich ein verzerrtes Loch in den Nebel meiner Scheibe.
Ich erschrecke fast über die ironischen Parallelen von diesem kleinen, alten Bus zur kleinen großen (all)täglichen Welt;
So viel, so selbstverständlich, egal
ob gut, ob schlecht, nur aus der Entfernung
wahrgenommen, wie schmecken, wie riechen bei Erkältung,
hören mit Druck auf den Ohren,
sehen durch beschlagene Scheiben....
"Alle haben Kalorien...äääh Kolonien.."
Frau Tesch beim Erläutern eines historischen Kontextes
"Ach, Peru mein' ich doch gar nicht...hier eure Austauschschüler da...Prag"

Lockes Aussage, nachdem er im Matheunterricht im Etui ein Gummiband mit der Aufschrift 'Peru' versehentlich in einen falschen Kontext bringen wollte. Feb '10
 
Sieh, die Regentropfen
rinnen
wie Tränen an Scheiben
still vorbei.
Schnee schmilzt, graue
Wolkendecken,
und der Winter
singt Good Bye.

Bus, 26.2.'10

Mittwoch, 5. Januar 2011

Janika (ohne Kontext): 
Sag mal, kennst du Ringelnatz?

Timm:
Ähm..ja, ich glaube...das ist doch was zu essen, oder?
DRITTE SZENE (komplett)

FINEA tritt auf mit ihrem Schulmeister LEANDRO

FINEA: Das — das — nein, nein, das kann ich niemals lernen! 


CELIA: Schau, deine Schwester kommt mit ihrem Lehrer.


NISA: Liest sie nun schon?


LEANDRO: Ihr bring ich Lesen bei und mir Geduld! Was ist das hier? 


FINEA (freudig):  Buchstabe!!


LEANDRO:   Das ist klar,
mein liebes Kind, klar wie die helle Sonne! 


FINEA: Ach ja! Hahahaha! Das ist die Sonne,
wenn sie am Morgen auf das Kohlfeld scheint.


LEANDRO: Das ist ein K. Wir Spanier kennen es
in unsrer Sprache nicht. Die Deutschen aber
und auch die Briten  gebrauchen diesen Laut.


FINEA: Warum muss ich’s dann lernen? Ich bin doch keine Ditsche oder Pritsche.


NISA:  Sie geht mit ihrem Hirn sehr sparsam um.


CELIA:Muss sie auch! Sie hat nicht viel davon.                


FINEA:Und was sind das für Kringel und Krakel da?   


LEANDRO:  Buchstaben sind die andern auch.


FINEA: O weh! So viele gibt's!


LEANDRO:  Im ganzen sind es fünfundzwanzig, Kind.


FINEA: Dann hört mich ab. Manche kann ich schon ganz gut.


LEANDRO:  Soso! Und was ist das?


FINEA: Das . . . weiß ich nicht!


LEANDRO:  Und das?


FINEA: Das weiß ich . . . auch nicht.


LEANDRO:  Und dieses da?


FINEA: Das Runde? Hmm . . .! Buchstabe?


LEANDRO:  Ach ja!


FINEA: War es richtig?


LEANDRO:  Heilige Einfalt!


FINEA: Ja, ich wusst’s doch, das war die heil'ge Einfalt,nur hatte ich es grade jetzt vergessen.


LEANDRO:  Nun sprich mir nach: H, i, n, hin.


FINEA: Wo gehn wir hin?


LEANDRO:  Darüber sorg dich nicht. Lies mir nach!


FINEA: So wollt Ihr mir nicht sagen, wo wir hingehn?


LEANDRO:  Um die Buchstaben geht's. Schau sie dir richtig anund sprich mir 
deutlich nach: H, e, r, her.


FINEA: Woher?


LEANDRO:  Dorther, wo ich jetzt weilen möchte,
Um niemals wieder dich zu sehn. Mein Gott, geht's weiter so, verlier ich den Verstand!


FINEA:Erst sagt Ihr hin, nun sagt Ihr her!
Euch glaub ich gar nichts mehr.


LEANDRO: Pass besser auf, sonst muss ich dich bestrafen.


FINEA: Mich? Wer lügt denn hier die ganze Zeit
mit seinem Her und Hin?


LEANDRO: Dich will ich buchstabieren lehren! Gib deine Hand.

(Er gibt ihr mit dem Stock einen leichten Schlag auf die Hand. Sie springt auf. Er läuft weg, sie wütend hinter ihm her.)


FINEA: Was fällt Euch ein! Nehmt Euch in acht!


CELIA: Gleich kratzt sie ihm die Augen aus!


LEANDRO: O Fräulein Nisa, schützt mich!  


NISA: Was tust du deinem braven Lehrer an?


LEANDRO: Haltet sie doch fest!


FINEA: Er hat's verdient!


NISA: Weshalb?


FINEA: Grad hatte ich zwei Laute gut gelernt,
die heil'ge Einfalt und . . . und das K.


CELIA: Immerhin, die heil’ge Einfalt kann sie schon.


FINEA: Nicht wahr? Und gut! Dann sagte er: Gib mir
die Hand, wir gehn ein bisschen hin und her.
Ich gab sie ihm, da nahm er seinen Stock,
mit einer dicken Eisenkugel dran,
und schlug mich, dass die Haut wie Pfeffer brennt!


LEANDRO: Wenn Euer Vater, teures Fräulein Nisa,
mir alles schenkte, was sein Eigen ist,
und alles Gold der Welt dazu, ich lehnte
es ab, ihr weiter Unterricht zu geben!
(Ab.)  


FINEA:  Warum zerbricht der Lehrer mir den Kopf
mit seinem Hin und Her und Her und Hin!


NISA: Es will der Vater unser Wissen bilden.


FINEA: Das Vaterunser kann ich aber doch! (zu Celia)
Komm, wickle mir ein Tuch um meine Hand.


CELIA: Bös wird der Vater sein, wenn er's erfährt.
 
FINEA: Ach liebste, beste Celia, sag ihm nichts!
Ich will dir auch was Wunderschönes schenken!

Männer, die alles können

Das machen wir schon

Manche Leute heißen ja Herr Boch, ziehen nebenan ein und tapezieren ihre ganze Wohnung selber. Dann kommen sie hurtig auf ein Willkommensbier rüber, erzählen, daß sie Herr Boch heißen, und wollen wissen, ob man einen "Dreizehnerschlüssel" habe.

Wenn man dann keinen Dreizehnerschlüssel hat (was ist ein Dreizehnerschlüssel?), rufen Leute wie Herr Boch: "Haha, gar nicht schlimm! Ich hab' einen dabei!" Und dann geht Herr Boch los und entlüftet mit seinem Dreizehnerschlüssel alle Heizkörper und schmirgelt ungefragt die Küchentür ab, daß es eine Freude ist.

Dabei trinkt Herr Boch dann auch mal gerne ein, zwei Kästen Hefeweizen, rülpst und sagt alle zwölf Minuten: "Die Axt im Haus erspart den Zimmermann." So machen das Hobby-Heimwerker wie Herr Boch.

Hobby-Heimwerker erkennt man außerdem daran, daß sie zu Hause immer in blauen Latzhosen und mit blauen Fingerkuppen herumlaufen und "Das machen wir schon!" sagen. Außerdem schnarchen Hobby-Heimwerker. Das macht das viele Sägemehl in den Atemwegen.

Wenn ein Hobby-Heimwerker einen Nicht-Hobby-Heimwerker trifft, dann sagt er so Sachen wie: "Du, wenn du die Eckventile da hinter die Verkleidung montierst, dann kannst du die Wasserleitungsverlängerungselemente samt Schrumpfmuffe hinter die Feuchtraumgipswand legen, und deine Dusche tropft nicht mehr so blöd."

Ich hasse Hobby-Heimwerker. Als Herr Boch noch nicht neben uns wohnte, waren wir glücklich und ließen unsere Wasserhähne tropfen. Manchmal riefen wir auch einen Klempner. Aber dann kam Herr Boch! Herr Boch trank drei Weizenbier und erklärte uns, daß alle Klempner fiese, blutsaugende geldgierige Geier seien und daß er "das schon machen" werde.

Dann schleifte mich Herr Boch in einen Heimwerkermarkt. Heimwerkermärkte sind, wie man weiß, nur für uns Männer zugelassen. Für Frauen sind sie tabu. Dort leben nämlich Männer, die sich Baumarktleiter nennen und den ganzen Tag lang über "Schrumpfmuffen", "Fuffziger Rohre" und "45-Grad-Winkelstücke" debattieren. Mit anderen Worten: Jungs.

Wenn man nicht aufpaßt, schwätzen diese Jungs einem dann im Handumdrehen das "Feuchtraumgipskartonplattensystem Profi F" auf, und man findet sich, ehe man sich's versieht, kniend vor seiner heimischen Badewanne wieder, wo man zusammen mit dem Hobby-Heimwerker seines Vertrauens (mit Herrn Boch zum Beispiel) das frisch erworbene Steck- und Muffensortiment "Profi Siffon" falsch anbringt.

Dann ärgert man sich erst ein bißchen (nicht zu arg, weil: "Das kann dem besten Profi mal passieren. Das machen wir schon!"), und danach reißt man alles wieder auf, zerbricht dabei einen Vierersatz Normfliesen (die Sorte, die es seit 1974 nicht mehr passend nachzukaufen gibt) und schlägt wahlweise ein "Eckventil" oder eine "Absperrarmatur" kaputt.

Danach ruft man einen Klempner. Das hätte man natürlich auch schon gleich zu Anfang tun können, aber dann wäre das alles billiger geworden. Außerdem: Heimwerken lohnt sich alleine schon deshalb, weil man dabei dauernd "Schrumpfmuffe" sagen darf.

Morgen um zwölf will Herr Boch ("Das machen wir schon!") mir zeigen, wie ich unsere Eßzimmerlampe ohne Profihilfe mit einem "Dimmer" ausstatten kann. Ich habe einen Kasten Weizenbier gekauft, Brandsalbe besorgt und schon jetzt meine blaue Latzhose rausgelegt. Für 14 Uhr hab' ich den Elektriker bestellt.

Es ist schön, wenn man Männer kennt, die alles können!